Und es gibt ihn doch: Der wirksame Haftungsausschluss!

Österreich

Nachdem der OGH in mehreren Entscheidungen einen vertraglichen Gewährleistungsausschluss ausgesprochen eng und im Ergebnis gegen den scheinbar klaren Vertragswortlaut ausgelegt hat, nimmt er in einer aktuellen Entscheidung (OGH 17.12.2012, 5Ob136/12d) die Vertragsparteien beim Wort: Basiert der Kaufpreis für Geschäftsanteile auf einer Ableitung aus einer Bilanz und vereinbaren die Vertragsparteien einen umfassenden Anfechtungsausschluss, ist der Kaufpreis nicht anzupassen, wenn sich die zugrunde liegende Bilanz als unrichtig herausstellt.

Es gehört zum Standardrepertoire jedes Beraters eines Verkäufer – insbesondere, aber nicht nur bei M&A Transaktionen – die vom Käufer mühsam abgerungenen Gewährleistungszusagen über den Kaufgegenstand dadurch zu unterlaufen, indem sie mit engen zeitlichen, betraglichen und sonstigen Einschränkungen versehen werden (plastisch bereits James Freund in Anatomy of a Merger: The Seller Strikes Back). Diese Praxis wurde mit gewaltigen Unsicherheiten behaftet, als der OGH in mehreren Entscheidungen aussprach, dass ein allgemeiner Gewährleistungsausschluss keine impliziten Gewährleistungszusagen umfasse (?!?) – zum Missfallen der Lehre (siehe zB Schauer, Der relativ absolute Gewährleistungsausschluss, ÖJZ 2009/78) und Verunsicherung der Anwaltschaft (siehe Brugger, Ende des Gewährleistungsausschlusses?, ecolex 2003, 803).

Die aktuelle Entscheidung geht in eine andere Richtung: Zwei Privatpersonen sind (wohl Minderheits-) Gesellschafter einer GmbH. Nach Differenzen erhält ein Gesellschafter ein Aufgriffsrecht betreffend den Geschäftsanteil des anderen, die Berechnung des Kaufpreises richtet sich nach einer bereits im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Berechnungsmethode, wobei der Wirtschaftstreuhänder der Gesellschaft die Berechnung vornahm. Auf die Anfechtung des Vertrags aus welchem Rechtsgrund auch immer, insbesondere wegen Willensmängeln, wurde verzichtet, die Parteien erklärten, sich vor Vertragsunterzeichnung über alle wertbestimmenden Umstände ausreichend informiert und das gegenständliche Geschäft jedenfalls um den Wert der besonderen Vorliebe abgeschlossen zu haben.

Soweit, so gut. Leider hat der Wirtschaftstreuhänder eine durchaus signifikante Steuerverbindlichkeit bei der Berechnung des Kaufpreises übersehen, sodass der Käufer und spätere Kläger einen um ca 12% zu hohen Kaufpreis zahlte. Mangels Verschulden der Parteien an der falschen Berechnung oder Vorliegens einer ausdrücklichen Bilanzgarantie und aufgrund des Erwerbs zum „Wert der besonderen Vorliebe“ sah der OGH keinen Raum für eine stillschweigende Zusicherung einer richtigen Ermittlung der Werthaltigkeit des Geschäftsanteils.

Das Ergebnis erscheint zwar etwas unbillig, erleichtert aber den hauptberuflichen Vertragsverfasser. Nur der Zusammenhang zwischen Geschäftsanteilen und besonderer Vorliebe erscheint rätselhaft – nicht nur aufgrund der Immaterialität von Geschäftsanteilen…