Aktuelle Rechtslage hinsichtlich des Schutzes bekannter Marken in der Türkei

Türkei
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Die Verordnung mit Gesetzeskraft betreffend den Schutz von Marken Nr. 556 („Gesetzesdekret“) hatte bis vor ein paar Wochen sowohl in Artikel 7/7-(i) als auch in Artikel 8/4 einen erhöhten Schutz für Marken definiert, der auf ihrem Bekanntheitsgrad beruht. Am 27. Mai 2015 hat allerdings der türkische Verfassungsgerichtshof Artikel 7/7-(i) des Gesetzesdekrets aufgehoben, welcher bekannte Marken auch eine Registrierung im türkischen Markenregister Schutz einräumte.

Schutz bekannter Marken ohne Registrierung

Artikel 7/7-(i) des Gesetzesdekrets hatte Marken, die den Status einer bekannten Marke gemäß Artikel 6 des Pariser Übereinkommens genießen, von der Notwendigkeit einer Eintragung in der Türkei befreit. Um als bekannte Marke qualifiziert zu werden, hat es gemäß des besagten Artikels gereicht, dass die betroffene Marke in einem Mitgliedstaat des Übereinkommens Bekanntheit genoss. Selbst wenn bekannte Marken in der Türkei nicht eingetragen waren, hätte das Türkische Patentamt („TPA“) die Eintragung identischer oder ähnlicher Marken, die sich auf gleiche oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen beziehen wie bekannte Marken, gemäß Artikel 7/7-(i) ex officio zurückgewiesen. Dies wurde als absolutes Eintragungshindernis qualifiziert. Das TPA hatte die Berechtigung, diese Anträge nach eigenem Ermessen abzulehnen. Zur Qualifikation von Marken als bekannte Marken hatte das TPA einen Fragebogen publiziert. Zudem führte das TPA eine Liste bekannter Marken.

Durch die Aufhebungsentscheidung des Verfassungsgerichtshofes wurde dieses Privileg bekannter Marken abgeschafft. Nach der derzeitigen Rechtslage müssen nunmehr auch solche Marken, genauso wie unbekannte Marken, in der Türkei im Markenregister eingetragen werden, um Markenschutz genießen zu können. Das bedeutet, dass nunmehr auch bekannte Marken den allgemeinen Markenschutzbestimmungen und somit insbesondere Artikel 7/1-(b) und 8/1-(b) des Gesetzesdekrets unterliegen. Gemäß Artikel 7/1-(b) besteht ein absolutes Eintragungshindernis in jenen Fällen, in denen die Registrierung einer Marke, die mit einer bereits eingetragenen Marke identisch ist, in der gleichen oder ähnlichen Klasse beantragt wird. Artikel 8/1-1(b) hingegen schafft einen relativen Ablehnungsgrund und räumt dem Markeninhaber das Recht ein, die Eintragung identischer oder ähnlicher Marken in der gleichen oder ähnlichen Klasse anzufechten, sofern eine solche Eintragung zu einer Verwechslungsgefahr aus der Sicht der Verbraucher führt.

Schutz bereits registrierter bekannter Marken hinsichtlich anderer Waren- und Dienstleistungsklassen – Schutz der Identität einer bekannten Marke

Wie eingangs erwähnt definiert auch Artikel 8/4 des Gesetzesdekrets einen erhöhten Schutz für Marken mit gewissem Bekanntheitsgrad. So genießt gemäß Artikel 8/4 eine Marke, die einen gewissen Bekanntheitsgrad in der Öffentlichkeit hat und im Markenregister registriert ist, Markenschutz nicht nur in den Waren- und Dienstleistungsklassen, in denen sie eingetragen ist, sondern auch in anderen Klassen. Jedoch muss diese Marke, um von diesem Schutz profitieren zu können, bereits im Markenregister eingetragen bzw. eine solche Registrierung beantragt worden sein. Zudem muss die jeweilige Marke einen gewissen Bekanntheitsgrad in der Öffentlichkeit haben. Der Inhaber einer solchen Marke bzw. der Antragsteller kann somit die spätere Anmeldung identischer oder ähnlicher Marken auch für Waren- und Dienstleistungsklassen, in denen seine eigene Marke nicht eingetragen bzw. zur Eintragung angemeldet ist, verhindern, sollte die spätere Eintragung dem Antragsteller einen unlauteren Wettbewerbsvorsprung verschaffen, den Ruf der älteren Marke schädigen oder die Unterscheidungskraft der älteren Marke verwischen. Dieser sich auf weitere Klassen erstreckende Schutzumfang soll die Abschwächung der besonderen Charakteristika einer Marke, die selbst durch die Nutzung durch Nicht-Wettbewerber hervorgerufen werden könnte, verhindern. Die diesbezügliche Bestimmung schafft zwar keinen absoluten, aber einen relativen Ablehnungsgrund, der vom jeweiligen Inhaber einer bekannten Marke geltend zu machen ist.

Fazit

Der Status „bekannte Marke“ gemäß dem Pariser Übereinkommen bietet seit der Aufhebungsentscheidung des türkischen Verfassungsgerichtshofes keinen erhöhten Schutz derartiger Marken. Nunmehr müssen auch bekannte Marken in der Türkei eingetragen werden, um gegen Markenanmeldungen in identischen Waren- und Dienstleistungsklassen geschützt zu sein. Allerdings besteht weiterhin Schutz der im Markenregister eingetragenen bekannten Marken gegen Markenanmeldungen in anderen Waren- und Dienstleistungsklassen, sofern eine solche Eintragung geeignet ist, die angesehene Identität der bekannten Marken zu schädigen.

Ungeachtet des Artikels 8/4 des Gesetzesdekrets ist die kontinuierliche Überwachung des türkischen Markenregisters Grundvoraussetzung zur Sicherstellung des Schutzes einer Marke. Sobald festgestellt wird, dass ein Antrag eingereicht wurde, der aufgrund der oben genannten Bestimmung abgelehnt werden muss oder abgelehnt werden sollte, müssen die notwendigen Einwände vor dem TPA erhoben werden.