Auch in Ungarn werden zunehmend Videoüberwachungsanlagen installiert, sei es im öffentlichen Raum, bei privaten Unternehmen oder in Privathäusern. Im Falle eines Diebstahls oder einer Körperverletzung geht man grundsätzlich davon aus, dass anhand der Überwachungsvideos der Hergang einer Tat einfacher nachvollzogen oder sogar der Täter identifiziert werden kann. Jedoch muss man dazu Zugang zu dem entsprechenden Überwachungsvideo erhalten. Dies ist aber nicht immer einfach, da die Videos oftmals im Besitz eines privaten Sicherheitsunternehmens oder einer Privatperson sind. Das Problem fängt an, wenn sich diese Personen weigern, das entsprechende Video herauszugeben, und sich auf den Schutz der Privatsphäre berufen. Ein weiterer Aspekt bezüglich Überwachungskameras ist die allgemeine Verunsicherung der Verbraucher, dass sie mittels Überwachungskameras bespitzelt werden und in Geschäften beispielsweise die Eingabe der PIN-Codes ausgespäht wird. Hier besteht ein Interesse des Kunden, durch Einsicht der Videobänder festzustellen, dass man über die Überwachungskameras den Kunden bei der Eingabe der PIN an der Kasse nicht beobachten kann.
Auch in Ungarn wurde jetzt der Fall entschieden, in dem ein Kunde in einem Geschäft Opfer einer Körperverletzung wurde und zur Geltendmachung seiner Schadensersatzansprüche die Aufnahmen einer Überwachungskamera einsehen wollte. Der geschädigte Kunde erhoffte sich, die in dem Geschäft installierten Kameras würden den Tathergang aufklären bzw. das Verschulden des Geschäfts an der Körperverletzung beweisen. Der Geschädigte bat daher den Betreiber des Geschäfts nur um die Einsicht der Videobänder. Eine Kopie der Bänder verlangte er nicht. Über einen Rechtsanwalt verweigerte der Betreiber des Geschäfts dem Kunden, die Aufnahmen zu sichten. Darüber hinaus informierte der Betreiber den Kunden, dass auf den Videoaufnahmen keine Einzelheiten zu sehen seien, die das Verschulden des Betreibers belegen, und auch keine Hinweise für ein etwaiges Verschulden enthalten.
In der Folge musste daher die Nationale Behörde für Datenschutz und Informationsfreiheit in Ungarn (kurz: NAIH) darüber entscheiden, ob das Datenschutzrecht einer Einzelperson erlaubt, nur den Inhalt von Überwachungsvideos einzusehen, ohne eine Kopie der Aufnahmen zu verlangen.
In ihrer Entscheidung bestätigt die NAIH, dass der Betreiber des Geschäfts – als Datenverantwortlicher für die Überwachungsvideos – unverzüglich auf den Wunsch eines Kunden auf Einsicht der Videos reagieren muss. Falls von dem Kunden gewünscht, muss er maximal binnen 30 Tagen schriftlich, in einer klar verständlichen Form Auskunft geben; in der Auskunft muss der Betreiber über alle Daten klar informieren, die dem Betreiber vorliegen und sich auf den betroffenen Kunden beziehen, einschließlich der persönlichen Daten, die in dem Überwachungsvideo zu sehen sind. Nach der Aussage der NAIH wäre es die für alle Seiten befriedigendste Lösung, wenn der Betreiber der Anfrage des Kunden nachkommt und die Einsicht in das Überwachungsvideo gewährt; der Geschäftsbetreiber kann aber dem Kunden auch eine – in klarer, einfach zu verstehender Sprache verfasste – schriftliche Beschreibung zur Verfügung stellen, was in den Aufnahmen der Videoüberwachungsanlagen genau zu sehen ist bzw. was über den betroffenen Kunden zu sehen ist. Um dem Informationsinteresse des Kunden umfassend nachzukommen, muss eine solche schriftliche Information auch
- den genauen Zeitpunkt der Aufnahme,
- die insgesamt aufgezeichnete Zeitspanne, in der der betroffene Kunde auf dem Video zu sehen ist,
- eine Beschreibung der Handlungen des Kunden, die in dem Video zu sehen sind, und
- eine Beschreibung der weiteren Ereignisse, die im Zusammenhang mit dem betroffenen Kunden passiert sind, nachdem der Kunde nicht mehr auf dem Video zu sehen ist,
beinhalten. Des Weiteren wurde von der NAIH festgestellt, dass der betroffene Kunde nicht berechtigt ist, eine Kopie der Aufnahme der Videoüberwachungsanlage herauszuverlangen, da dies eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte der anderen auf dem Video zu sehenden Personen darstellen würde. Es steht selbstverständlich im eigenen Ermessen des Betreibers bzw. Datenverantwortlichen der Überwachungsvideos, dem Kunden eine Kopie des Überwachungsvideos auszuhändigen bzw. die Einsicht zu gewähren, sofern alle anderen Personen, die auf dem Video zu sehen sind, unerkennbar sind oder gemacht werden.
Diese Entscheidung der NAIH gibt nun den Unternehmen klare Vorgaben, wie sie mit Kundenanfragen umzugehen haben. Sicherlich müssen aber die internen Datenschutzrichtlinien der Unternehmen in Ungarn an diese konkreten Vorgaben angepasst werden und sich auch die Anwendungsgewohnheiten bezüglich ihrer Videoüberwachungsanlagen ändern, da sichergestellt werden muss, dass die Abläufe und Richtlinien mit der Entscheidung der NAIH übereinstimmen. Inwieweit die Anfrage des Kunden, ob die Überwachungskameras ihn bei der Eingabe seiner PIN beobachten, von dem Betreiber des Geschäfts nach den oben stehenden Vorgaben ausreichend beantwortet wird, ist fraglich und wird sich wohl in der Zukunft zu zeigen haben.
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