Rückzahlungssperre von Krediten für zukünftige Gesellschafter nach dem Eigenkapitalersatz-Gesetz

Österreich
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Mit seiner ersten zivilrechtlichen Entscheidung zur Einbeziehung von zukünftigen Gesellschaftern unter die Bestimmungen des EKEG (Eigenkapitalersatz-Gesetz) hält der Oberste Gerichtshof (OGH 28.05.2020, 17 Ob 1/20a) an einer grundsätzlich wörtlichen Auslegung des Gesetzes fest. Dennoch soll die Anwendbarkeit des EKEG in Ausnahmefällen zukünftig auch erweitert werden können.

Die Problematik

Ein Kredit, den ein Gesellschafter einer Gesellschaft in der Krise gewährt, ist gemäß § 1 EKEG Eigenkapital ersetzend. Der Gesellschafter kann einen solchen Kredit samt den darauf entfallenden Zinsen (natürlich vorbehaltlich der Sanierungsplanquote) nicht zurückfordern, solange die Gesellschaft nicht saniert ist. Dennoch geleistete Zahlungen hat der Gesellschafter der Gesellschaft gemäß § 14 EKEG zurückzuerstatten.

Unsicherheit bestand bis dato bei der Frage, ob der Kreditgeber im Zeitpunkt der Kreditgewährung bereits Gesellschafter der Gesellschaft sein muss, oder ob allenfalls auch zukünftige Gesellschafter von den Bestimmungen des EKEG erfasst sein können. Zu dieser Rechtsfrage hat der Oberste Gerichtshof nun erstmals in einer zivilrechtlichen Entscheidung Stellung genommen.

Der Anlassfall

Im Anlassfall wurde einer Gesellschaft ein Kredit von einem Nicht Gesellschafter gewährt. Zeitgleich verhandelte der Kreditgeber die beabsichtigte Übernahme von 25 % der Geschäftsanteile an der kreditnehmenden Gesellschaft, die im Folgejahr auch tatsächlich im genannten Ausmaß erfolgte. Die Krux an der Sache: Die kreditnehmende Gesellschaft befand sich bereits im Zeitpunkt der Kreditgewährung in einer Krise i. S. d. § 2 EKEG.

Nach dem Erwerb eines Geschäftsanteils von 25 % an der Gesellschaft durch den Kreditgeber wurde die kreditnehmende Gesellschaft insolvent. Der Masseverwalter forderte daraufhin die Rückerstattung der zwischenzeitlich erfolgten Kreditrückzahlungen von dem (nunmehrigen) Gesellschafter gemäß § 14 EKEG.

Der OGH hielt in seiner Entscheidung fest, dass die Rückzahlungssperre gemäß § 14 EKEG grundsätzlich voraussetzt, dass der Kreditgeber im Zeitpunkt der Kreditgewährung Gesellschafter i. S. d. §§ 5 ff EKEG ist, ausnahmsweise kann ein bereits vereinbarter Anteilserwerb jedoch ebenfalls genügen.

Begründend wird in der Entscheidung eine im Vorjahr ergangene Strafentscheidung des OGH (07.11.2019, 12 Os 42/19x) angeführt, in der die Anwendbarkeit des EKEG auf zukünftige Gesellschafter bejaht wurde. Im Gegensatz zum Anlassfall war dort im Zeitpunkt der Kreditgewährung der Anteilserwerb schriftlich festgehalten worden, wenngleich die Formvorschrift des Notariatsaktes i. S. d. § 76 Abs 2 GmbH-Gesetz (noch) nicht erfüllt worden war. Demnach seien zukünftige Gesellschafter von den Bestimmungen der §§ 5 ff EKEG umfasst, wenn zum Zeitpunkt der Kreditgewährung der Beteiligungserwerb bereits konkret geplant war (RIS Justiz RS0132906); eine rechtlich gesicherte Position sei nicht notwendig.

Dieser Rechtsmeinung bleibt der OGH in seiner aktuellen Entscheidung treu: Ausnahmsweise sind auch zukünftige Gesellschafter von den Bestimmungen des EKEG umfasst, nämlich im Fall einer rechtlich gesicherten Position oder zumindest einer faktischen Einigung über die avisierte Anteilsübertragung. In Ermangelung einer faktischen Einigung zwischen Alt- und Neugesellschaftern über die zukünftige Gesellschafterstellung wies der OGH das Begehren des Masseverwalters jedoch im Anlassfall ab.

Meinung und Ausblick

Nicht restlos überzeugend ist die Tatsache, dass für den OGH bereits die faktische Einigung über die zukünftige Gesellschafterstellung für die Anwendbarkeit des EKEG ausreicht – also auch dann, wenn keine gesicherte Rechtsposition vorliegt. Aus unserer Sicht wäre das Abstellen auf einen wirtschaftlichen Konnex zwischen Kreditgewährung und Anteilserwerb (daher ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang) besser geeignet, den Wertungskriterien des EKEG zu entsprechen.

Für die Praxis ist mitzunehmen, dass die Gewährung eines Kredits durch einen Nichtgesellschafter auch vor Abschluss eines formgültigen Anteilskaufvertrages eigenkapitalersetzend sein kann und daher (in der Krise der kreditnehmenden Gesellschaft) von der Rückzahlungssperre des EKEG erfasst sein kann.