Mehrfachteilnahme an Energiegemeinschaften ab 2024

Österreich
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Mit 1. Jänner 2024 tritt eine im Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG 2010) vorgesehene Regelung zur Mehrfachteilnahme in Kraft. Diese hat das Potential, die regionale Erzeugung und den Verbrauch von Strom signifikant zu fördern und dadurch gleichzeitig Netzkapazitäten zu schonen. Die Vorteile können nicht nur Verbrauchern und Erzeugern, sondern auch Immobilienentwicklern zugutekommen.

Kurz zusammengefasst, können Erzeugungsanlagen erneuerbarer Energie (z.B. Aufdach-Photovoltaikanlagen) nicht mehr nur exklusiv entweder einer gemeinschaftlichen Erzeugungsanlage, einer Erneuerbaren-Energie-Gemeinschaft oder einer Bürgerenergiegemeinschaft zugeordnet sein. Konkret wird damit etwa ermöglicht, dass eine Aufdach-PV-Anlage ihren Strom zunächst als gemeinschaftliche Erzeugungsanlage den Bewohnern des Hauses und einen etwaigen Überschuss an eine Energiegemeinschaft zur Verfügung stellt, anstatt diesen wie bisher in das öffentliche Netz einzuspeisen. Auch eine Teilnahme an mehreren (lokalen oder regionalen) Erneuerbaren-Energie-Gemeinschaften oder Bürgerenergiegemeinschaften wird künftig sowohl für Erzeuger als auch für Verbraucher möglich sein.

Kurzer Rückblick – Beginnend mit 2017 wurden Modelle geschaffen, wie sich Verbraucher und Erzeuger zur Erzeugung, zum Verbrauch und zum Verkauf von Energie aus im Wesentlichen erneuerbaren Energiequellen zusammenschließen können. Diese Energiegemeinschaften (EG) können sich seit 2017 auf die Grundstücksgrenzen (gemeinschaftliche Erzeugungsanlage, GEA) und seit 2021, konkret mit Inkrafttreten des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG), auf den netztechnischen Nahbereich (Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft, EEG) beziehen. Seit 2022 können sie auch aus einem österreichweiten Zusammenschluss bestehen (Bürgerenergiegemeinschaft, BEG). Die Mitgliedschaft in einem EG-Modell schloss bislang die Teilnahme an einer anderen EG (Mehrfachteilnahme) aus: Der Überschuss an erzeugtem Gemeinschaftsstrom musste in das öffentliche Netz eingespeist werden.

Mehrfachteilnahme – Ab 1. Jänner 2024 ist nun gemäß § 111 Abs 8 ElWOG 2010 die Mehrfachteilnahme möglich, wobei die Umsetzung schrittweise bis April 2024 erfolgen soll. Die damit verbundenen Vorteile können kurz wie folgt veranschaulicht werden: Eine Mietergemeinschaft, die eine PV-Anlage als GEA betreibt, kann sich nun bspw. mit anderen GEAs zu einer EEG zusammenschließen. Ihren Mehrverbrauch kann sie im Best-Case-Szenario von einer (anderen) Erzeugungsanlage der EEG beziehen (statt zu einem höheren Preis von einem regulären Stromlieferanten). Gleichzeitig kann sie erzeugten Überschussstrom zu festen Preisen an die restlichen EEG-Teilnehmer verkaufen. Denkt man weiter, könnten die Mitglieder einer so strukturierten lokalen EEG (innerhalb einer Trafostation) an einer regionalen EEG (innerhalb eines Umspannwerks) bis hin zur (österreichweiten) BEG teilnehmen, um so wieder dieselben Synergien mit der nächsthöheren Netzebene zu nutzen und damit eine Art Energieverbund zu bilden.

Diese Vorteile können nicht nur von den Verbrauchern/Erzeugern selbst genutzt werden – zu erwarten ist, dass auch der Immobiliensektor die Mehrfachteilnahme ins Auge fasst und den Mehrwert erkennt: Bezieht ein Immobilienentwickler bestehende EGs in seine Standortwahl und bauliche Anforderungen für Erzeugungsanlagen erneuerbarer Energie in seine Planung mit ein, legt er den Grundstein für die Gründung bzw. (Mehrfach-)Teilnahme an einer EG. Die damit verbundenen (Kosten-)Vorteile lassen sich bei der Vermarktung nutzen.

Herausforderungen – Schwierigkeiten sind anfangs insbesondere bei der Zuteilung und der Abrechnung des erzeugten Stroms zu erwarten. Diese Schwierigkeiten werden über die Einführung des Teilnahmefaktors mit voraussichtlich 8. April 2024 beseitigt: Der Teilnahmefaktor ist der prozentuelle Erzeugungs-/Verbrauchsanteil, mit dem an einer EG teilgenommen wird. Dieser ist im Vorhinein zwischen Teilnehmer und EG zu vereinbaren und dem Netzbetreiber mitzuteilen. Darüber hinaus zeichnet sich ab, dass die Mehrfachteilnahme vorerst nur an fünf EGs gleichzeitig möglich sein wird. Aus allgemein juristischer Perspektive sind in den Teilnahmeverträgen jedenfalls Zuteilungs- und Priorisierungsregeln bzw. -grundsätze vorzusehen, die sich insgesamt (betreffend den gesamten Energieverbund) nicht widersprechen und trotzdem gewünschte Synergieeffekte erzielen.

Die Elektrizitäts-Monitoring-Verordnung (EMo-V 2022) betreffend die Datenübertragung an die E-Control wurde rezent novelliert und u.a. an Mehrfachteilnahmen angepasst (Inkrafttreten mit 1. Jänner 2024). Weitere gesetzliche Bestimmungen zur Umsetzung der Mehrfachteilnahme sind in Kürze zu erwarten.

Für weitere Informationen zu dieser Verordnung wenden Sie sich bitte an Ihren CMS Kundenpartner oder an die lokalen CMS-Experten: Georg Gutfleisch, Alexandros Hantasch