Risiken bei der Vereinbarung von Fremdwährungsdarlehen

10/08/2015

Echte oder unechte Fremdwährungsschuld?

Bereits bei der Vereinbarung eines Fremdwährungsdarlehens, d.h. eines Darlehens, bei dem die Valuten in anderen Währungen als dem Euro ausgegeben werden oder zurückzuzahlen sind, ist darauf zu achten, welche Art von Fremdwährungsschuld man vereinbart. Bei einer echten Fremdwährungsschuld vereinbaren die Parteien im Darlehensvertrag die Zahlung ausschließlichlich in der Fremdwährung. Diese Vereinbarung kann auch konkludent getroffen werden, muss aber eindeutig feststellbar sein.



Sollte es an einer derartigen Festlegung fehlen, liegt nur eine sog. „unechte“ Fremdwährungsschuld im Sinne des § 244 Abs. 1 BGB vor, d. h., der Schuldner bleibt befugt, die Schuld auch in Euro zu erbringen (Ersetzungsbefugnis). Das gilt nach verbreiteter Auffassung selbst dann, wenn der Darlehensvertrag gar nicht deutschem Recht unterliegt, sondern lediglich die Fremdwährungsschuld im (europäischen) Inland zahlbar ist.



Für die Umrechnung der Schuld ist der Kurswert am Zahlungstag maßgeblich (§ 244 Abs. 2 BGB). Das gilt ebenso in der Vollstreckung, die in Deutschland in Eurobeträgen erfolgt (§§ 803 ff. ZPO) und für die der Kurswert an dem Tag maßgeblich ist, an dem der Verwertungserlös an den Gläubiger ausgekehrt wird. Jedenfalls in der Vollstreckung entschärft sich damit die Frage der Ersetzungsbefugnis, da Befriedigung meist ohnehin nur in Euro erlangt werden kann (§§ 803 ff. ZPO).



Je nach Kursentwicklung der Fremdwährung können diese Regelungen für eine der beiden Parteien sehr nachteilig sein. Jedenfalls fehlt es in diesen Fällen an einer zuverlässigen Planbarkeit. Im Fall des Schweizer Franken, der eine Aufwertung um teilweise 20 Prozentpunkte gegenüber dem Euro erfahren hat, scheint es mehrheitlich die Darlehensnehmer getroffen zu haben, die nun wesentlich mehr Euros aufwenden müssen, um ihre Schulden zu begleichen. Allerdings sind ebenso gut Konstellationen denkbar, in denen sich der Darlehensgeber des Fremdwährungsdarlehens einem Kursverfall seiner Rückzahlungswährung gegenübersieht.



Besonders heikel für Darlehensgeber wird die gesetzliche Zahlungsregelung des § 244 BGB im Falle einer Aufrechnung. Da die Aufrechnung zwar erst mit Zugang der Erklärung wirksam wird, aber auf den Zeitpunkt zurückwirkt, an dem sich die aufzurechnenden Forderungen erstmals aufrechenbar gegenüberstanden (§ 389 BGB), wird dem aufrechnungswilligen Darlehensnehmer ein Hebel gegeben, die Aufrechnung am Kursverlauf des Euro zu orientieren. Maßgeblich ist nämlich der Umrechnungskurs im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung. Er könnte die Erklärung der Aufrechnung verzögern, bis der Eurokurs ein gewünschtes (hohes) Niveau erreicht hat, und so dem Darlehensgeber empfindliche Werteinbußen seiner Darlehensforderung beibringen. Nach einer Auffassung in der Literatur muss der Darlehensnehmer wegen der Rückwirkung der Aufrechnung dann nicht einmal Verzugszinsen, geschweige denn einen Verzugsschadensersatz befürchten, wenn die aufzurechnenden Forderungen sich bereits vor einem etwaigen Zahlungsverzug des Darlehensnehmers aufrechenbar gegenüberstanden.



Parteien von Fremdwährungsdarlehensverträgen ist daher schon im Interesse der festen Planbarkeit zu raten, ausdrücklich eine echte Fremdwährungsschuld zu vereinbaren und die Details der Rückzahlung und des jeweils anwendbaren Umrechnungskurses ausdrücklich im Darlehensvertrag zu regeln.


Umrechnungsklauseln in Privatdarlehen

Lassen sich die Banken vertraglich zusichern, dass der Darlehensnehmer die Kosten für die Rückführung des Darlehens in einer bestimmten Währung, d. h. die Kosten für Wechselkursschwankungen, trägt, führt dies beim Darlehensnehmer zu Kalkulationsrisiken, die nicht immer ganz leicht einzuschätzen sind. Gerade im Verbraucherdarlehensbereich gibt es daher ein hohes, teilweise europarechtlich determiniertes Schutzniveau für Darlehensnehmer. Gegenstand der richterlichen Wirksamkeitskontrolle ist dabei meist die vertragliche Umrechnungsklausel für die Darlehensrückzahlung. Maßstab für die Wirksamkeitsprüfung ist im deutschen Recht vor allem das aus dem AGB-Recht sowie aus spezialgesetzlichen Regelungen wie etwa § 2 Preisklauselgesetz stammende Verbot der unangemessenen Benachteiligung.


Zuletzt hat etwa der EuGH in einer Entscheidung vom 30. April 2014 (Rs. C-26 / 13 – Káslar u. a. / OTP Jelzálogbank Zrt) konkretisiert, was unter einer unangemessenen Benachteiligung zu verstehen ist. Im Wesentlichen ging es um ein Privatdarlehen an ein ungarisches Ehepaar, bei dem die Darlehenssumme vertragsgemäß zwar in ungarischen Forint ausgezahlt wurde und zurückzuzahlen war, jedoch in der internen Bankbuchung in Schweizer Franken umgerechnet wurde. Im Darlehensvertrag war bestimmt, dass der Umrechnungskurs bei der ersten Umrechnung bei Darlehensauszahlung der jeweilige Devisenankaufskurs ist. Bei der Rückzahlung sollten die Tilgungsbeträge in Forint allerdings nach dem Devisenverkaufskurs umgerechnet werden.



Zur Frage der Wirksamkeit der Klausel stellte der Gerichtshof klar, dass wegen des systematisch geringeren Informationsstands des Verbrauchers ein umfassendes Transparenzgebot gelte. Der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher müsse durch Informationen der Bank in die Lage versetzt werden, in Anbetracht aller einschlägigen Tatsachen, einschließlich Werbung und Informationen durch den Darlehensgeber, zu wissen, dass zwischen An- und Verkauf der ausländischen Währung eine für ihn negative Differenz entstehen könne. Darüber hinaus aber müsse er auch die für ihn möglicherweise erheblichen wirtschaftlichen Folgen dieser Regelung und damit die Gesamtkosten seines Darlehens einschätzen können. Im entschiedenen Fall habe es an dieser erforderlichen Ausklärung seitens der Bank gefehlt. Weiter entschied der EuGH, dass das ungarische Berufungsgericht die wegen der unwirksamen Klausel entstandene Vertragslücke, die den Darlehensvertrag „undurchführbar“ gemacht habe, mittels dispositiven nationalen Rechts ausfüllen dürfe.



Offengelassen hat der EuGH allerdings die spannende Frage, ob die Bank auch die wirtschaftlichen Beweggründe für die Verwendung der Klausel offenlegen müsste (nach bisheriger deutscher Dogmatik ist das nicht erforderlich).


Wirtschaftliche Risiken von Kursschwankungen

Neben den geschilderten rechtlichen Fallstricken drohen auch wirtschaftliche Risiken. Führt ein Wertanstieg der ausländischen Währung gegenüber dem Euro dazu, dass der in Euro umgerechnete Basiswert des Darlehens sich erhöht, kommt es nach dem Darlehensvertrag (oder den Banken- AGB) oftmals beim Überschreiten einer vereinbarten 105%-Schwelle zu einem Nachbesicherungsanspruch, der den Darlehensnehmer vor Schwierigkeiten stellen kann, wenn er über keine weiteren werthaltigen Sicherheiten verfügt. Dies ist umso kritischer, als der unerfüllte Nachbesicherungsanspruch meist auch einen Kündigungsgrund unter dem Darlehensvertrag auslösen wird.



Gleiches gilt, wenn ein bestimmter Verschuldungsgrad (Loan-to-Value- Ratio) oder Objektwert (Asset-Value) vereinbart wurde, der durch die Kursentwicklung der Darlehenswährung überschritten wird, sodass ein Kündigungsgrund eintritt. Abhilfe kann bei Verschuldungsgrad-Klauseln dadurch geschaffen werden, dass man einen festen Umrechnungskurs bestimmt. Das Risiko der Nachbesicherung kann man letztlich nur für kurzfristige Kursschwankungen minimieren, indem man etwa einen längeren Zeitraum festlegt, in dem der Kurs eine bestimmte Schwelle über- oder unterschritten haben muss. Beispiel: Der Darlehensbetrag zum jeweiligen Tageskurs umgerechnet übersteigt den zum ursprünglichen Ausgabekurs umgerechneten Darlehensbetrag über einen Zeitraum von sechs Monaten ununterbrochen um 20 %.

Fazit

Bei der Gestaltung von Fremdwährungsdarlehen ist Vorsicht geboten. Sowohl für Darlehensgeber als auch für Darlehensnehmer ist die sorgfältige Gestaltung der Darlehensbeziehung im Hinblick auf die Währungsschuld entscheidend, um Planbarkeit und das gewünschte wirtschaftliche Ergebnis zu erreichen. Risiken durch unvorhergesehene Kursentwicklungen der Darlehenswährung oder unwirksame Preisklauseln lassen sich aber durch eine vernünftige Vertragsgestaltung weitestgehend minimieren.