Kleinanlegerschutzgesetz (KASG) und Crowdfunding

08/01/2016

Änderungen im VermAnlG − Ausweitungen und Ausnahmen

Der gesetzgeberische Balanceakt wird insbesondere an der praktisch relevanten Prospektpflicht des Vermögensanlagengesetzes (VermAnlG) deutlich.

Das KASG führt zunächst zu einer Erstreckung des Anwendungsbereichs des VermAnlG auf Nachrangdarlehen, partiarische Darlehen sowie bestimmte sonstige Anlagen (§ 1 Abs. 2 VermAnlG). Die Ausweitung ist zu begrüßen, da der Anwendungsbereich nunmehr keine Differenzierung zu – bereits zuvor erfassten – stillen Beteiligungen und Genussrechten vornimmt. Diese Vereinheitlichung hebt jedoch § 2 a VermAnlG, der zentrale Ausnahmetatbestand für Schwarmfinanzierungen, direkt wieder auf. Die Ausnahmen sind lediglich auf die neu eingefügten Vermögensanlagen beschränkt. Eine sachgerechte Begründung für die damit beibehaltene Differenzierung zwischen Vermögensanlagen wie partiarischen Darlehen und stillen Beteiligungen ist jedoch nicht ersichtlich.

Unabhängig von diesem Widerspruch ist festzuhalten, dass über § 2 a VermAnlG insbesondere partiarische Darlehen und Nachrangdarlehen, die ausschließlich im Wege der Anlageberatung oder Anlagevermittlung über eine Internet-Dienstleistungsplattform vermittelt werden, in den Genuss verschiedener Befreiungen kommen. Die Befreiungen beziehen sich insbesondere auf die Prospektpflicht, umfassen jedoch auch weitere Erfordernisse wie z. B. die Erstellung eines Lageberichts oder eine Abschlussprüfung nach § 25 VermAnlG.

Die Voraussetzungen des § 2 a VermAnlG knüpfen dabei zunächst an das von einem Emittenten gewünschte Investitionsvolumen an. Demnach darf der Verkaufspreis sämtlicher von einem Anbieter angebotener Vermögensanlagen eines Emittenten EUR 2,5 Mio. nicht überschreiten. Daneben stellt das VermAnlG Investmentobergrenzen für Anleger auf, bei denen es sich nicht um eine Kapitalgesellschaft handelt. Ohne weitere Einschränkung ist lediglich ein Investment in Höhe von maximal EUR 1.000 zulässig (§ 2 a Abs. 3 Nr. 1 VermAnlG). Auf Basis einer vom Anleger zu erteilenden Selbstauskunft kann dieser Betrag auf bis zu maximal EUR 10.000 ansteigen, sofern der Anleger über ein frei verfügbares Vermögen in Form von Bankguthaben bzw. Finanzinstrumenten von mindestens EUR 100.000 verfügt oder es sich um den doppelten Betrag des durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens handelt (siehe § 2 a Abs. 3 Nr. 2 und 3 VermAnlG). Die Privilegierungswirkung setzt voraus, dass die Internet-Dienstleistungsplattform durch Gesetz oder Verordnung verpflichtet ist, die Einhaltung dieser Schwellenwerte zu prüfen.

Abschließend sei angemerkt, dass § 2 a Abs. 4 VermAnlG ein Kombinationsverbot aufstellt, sofern eine Vermögensanlage eines Emittenten, die unter den bereits existierenden Befreiungstatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 3 VermAnlG fällt, öffentlich angeboten wird oder eine auf diese Weise angebotene Vermögensanlage nicht vollständig getilgt ist.

Ergänzende Organisations- und Vertriebsanforderungen

Trotz der vorhandenen Ausnahmebestimmungen hat auch das gesetzgeberische Verlangen nach Regulierung und Anlegerschutz eine hinreichende normative Ausprägung im VermAnlG erfahren. Als Korrektiv für die dargestellten Befreiungsmöglich-keiten sieht § 2 d VermAnlG zunächst ein zweiwöchiges Widerrufsrecht des Anlegers vor.

Weiterhin stellt das KASG spezifische Anforderungen an den Vertrieb von Vermögensanlagen. Das noch im Gesetzesentwurf geforderte Verbot für Werbung in sozialen Netzwerken hat zwar berechtigterweise keinen Eingang in das Gesetz gefunden, jedoch enthält das KASG dezidierte Anforderungen an die Bewerbung von Vermögensanlagen sowie das Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB). Partiell geht die Regelungsdichte dabei so weit, dass das VermAnlG − vergleichbar mit der Werbung für Tabakprodukte − die Formulierung von Warnhinweisen wortwörtlich sowie deren drucktechnische Hervorhebung vorgibt. Für Crowdfunding, das naturgemäß auf Online-Kommunikation und einem Online-Vertrieb basiert, war insbesondere die geforderte Bestätigung über den Erhalt und die Kenntnisnahme des VIB Gegenstand von Diskussionen. Ursprünglich sah der Gesetzgeber einen Ausdruck, die Unterzeichnung und Rücksendung des VIB vor. Im Gesetzgebungsverfahren konnte der damit verbundene Medienbruch jedoch weitgehend entschärft werden. Sofern Vertragsverhandlungen und Vertragsschluss ausschließlich über Fernkommunikationsmittel erfolgen, ist nunmehr auch eine rein elektronische Form der Bestätigung von der Kenntnisnahme eines näher vorgegebenen Warnhinweises ausreichend. Die näheren Anforderungen regelt die hierzu ergangene − und griffig betitelte − Vermögensanlagen- Informationsblatt-Bestätigungsverordnung (VIBBestV).

Bewertung und Ausblick

Trotz teilweise unsachgemäßer Differenzierungen ist der gesetzgeberische Ausgleich zwischen Verbraucherschutz und Stärkung bzw. Erhalt von Crowdfunding zu begrüßen. Befreiungen von der Prospektierungspflicht und den damit verbundenen Fixkosten sind sowohl für diese Finanzierungsform als auch die kapitalsuchenden Unternehmen regelmäßig von essentieller Bedeutung. Die Auswirkungen des KASG sollen im Jahr 2016 − insbesondere mit Blick auf die Regulierung von Crowdfunding − nochmals einer gesetzgeberischen Analyse unterzogen werden. Unabhängig von der nunmehr verstärkten Regulierung durch das KASG wird das Themengebiet für Rechtsanwender, Unternehmen und Anleger auch weiterhin eine Vielzahl von Rechtsfragen aufwerfen. So weist u. a. die Haftung der Plattform und des Zielunternehmens gegenüber dem Anleger eine Vielzahl weiterer − nicht abschließend geklärter − Fragestellungen auf.