Russland-Embargo: Unangenehme strafrechtliche Folgen möglich!

Österreich

Als Reaktion auf den Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die EU seit Februar 2022 weitgehende neue Sanktionen gegen Russland verhängt. Bekanntlich umfasst dieses Embargo Ein- und Ausfuhrbeschränkungen (u. a. Spitzentechnologie, Güter für die Energie-, Luft- und Raufahrtindustrie, Dual-Use-Güter, Luxusgüter, Erdöl), Kapital- und Finanzmarktsanktionen (u. a. Ausschluss verschiedener Banken vom SWIFT-System) und restriktive Maßnahmen gegen einzelne Personen und Organisationen.

Weniger bekannt ist, dass Verstöße gegen das Russland-Embargo in Österreich umfassend mit gerichtlicher Strafe bedroht sind. Die restriktiven Maßnahmen werden von der EU als Verordnungen erlassen und sind daher in den Mitgliedstaaten unmittelbar wirksam. Um Verstöße unter Strafe zu stellen, genügt daher, dass das österreichische Gesetz auf diese Verordnungen in ihrer jeweilig geltenden Fassung verweist. Auf diese Weise können nach der zentralen Strafbestimmung (§ 79 Außenwirtschaftsgesetz) vorsätzliche Embargoverstöße mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren bestraft werden; handelt der:die Täter:in gewerbsmäßig oder unter Verwendung von Täuschungsmitteln (z. B. gefälschte Urkunden) drohen sogar bis zu 5 Jahre Haft.

Aber Vorsicht: Auch wer das Russland-Embargo nur fahrlässig verletzt, weil er sich etwa mit den entsprechenden Regelungen nicht vertraut gemacht hat, obwohl er nach den Umständen dazu verpflichtet gewesen wäre (z. B. Verkauf von Luxusgütern im Wert von mehr als EUR 300,- je Stück zur Verwendung in Russland), kann mit Freiheitsstrafe bis zu 1 Jahr oder Geldstrafe bestraft werden (§ 79 Abs 3 Außenwirtschaftsgesetz).

Handelt es sich bei dem:der Täter:in um einen Entscheidungsträger oder Mitarbeitenden eines Unternehmens, wäre zusätzlich über das Unternehmen eine Verbandsgeldbuße zu verhängen (§ 3 Verbandsverantwortlichkeitsgesetz).

Das Russland-Embargo ist im Wesentlichen in den Verordnungen 833/2014/EU (sektorale Maßnahmen) und 269/2014/EU (Personenlisten) geregelt. Diese beiden Grundverordnungen werden durch Änderungs- und Durchführungsverordnungen häufig ergänzt und aktualisiert. Hinzu kommen begleitende Regelungen wie die Embargos gegen die Republiken Luhansk und Donezk (Verordnung 263/2022/EU) und die Republik Krim (Verordnung 692/2014/EU). Im Ergebnis ist das Russland-Embargo eine äußerst komplexe, sich ständig wandelnde Rechtsmaterie.

Erfahren die Strafverfolgungsbehörden vom Verdacht eines Embargoverstoßes (z. B. durch Aufgriff erfasster Güter bei der Ausfuhr an der Grenze oder eine anonyme Anzeige), müssen sie von Amts wegen ein Ermittlungsverfahren einleiten (§ 2 Abs 1 StPO). Bereits die Einleitung des Ermittlungsverfahrens ist für betroffene Personen und Unternehmen äußert unangenehm. Man muss sich rechtfertigen und dafür Zeit und Geld aufwenden. Neben der Vernehmung als Beschuldigte:r drohen im schlimmsten Fall Zwangsmaßnahmen wie eine Hausdurchsuchung oder gar eine Anklage bei Gericht. In den vergangenen Monaten häufen sich Strafverfahren wegen des Verdachts von Verstößen gegen das Russland-Embargo.

Vor diesem Hintergrund ist zu höchster Sorgfalt geraten. Unternehmen mit Geschäftskontakt nach Russland oder mit russischen Kund:innen müssen das Russland-Embargo umfassend in ihr innerbetriebliches Compliance-Programm integrieren, laufend die spezifischen Risiken analysieren, entsprechende technische, organisatorische und personelle Maßnahmen setzen (z. B. Prüfung der Rechtslage, Einsatz von Prüfsoftware, Ablauforganisation, interne Weisungen, Schulungen) und die Umsetzung dieser Maßnahmen kontrollieren.

Auf diese Weise kann man Embargoverstößen vorbeugen und für den Fall eines Strafverfahrens dokumentieren, dass man alle gebotenen und zumutbaren Maßnahmen zur Verhinderung von Embargoverstößen unternommen hatte. Diese Dokumentation kann entscheidend sein, um die Staatsanwaltschaft davon zu überzeugen, ein bereits laufendes Ermittlungsverfahren ohne Anklage wieder einzustellen (§§ 190, 191 StPO).