In-vitro-Diagnostika: Aufgaben und Haftung des Schweizer Bevollmächtigten

Schweiz
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Ausländische Hersteller von In-vitro Diagnostika müssen einen Schweizer Bevollmächtigten (CH-REP) bezeichnen, um ihre Produkte in der Schweiz in Verkehr zu bringen. Als Stellvertreter des ausländischen Herstellers hat dieser verschiedene Aufgaben und Pflichten zu erfüllen. Namentlich ist er Ansprechpartner für die Schweizer Behörden und haftet mit dem Hersteller solidarisch für Schäden, die durch fehlerhafte Produkte verursacht worden sind. Nachfolgend finden Sie eine Übersicht über die Aufgaben und Pflichten des Schweizer Bevollmächtigten sowie dessen Haftung für fehlerhafte Produkte.

Um ausländische In-vitro-Diagnostika in der Schweiz in Verkehr zu bringen, ist ein Schweizer Bevollmächtigter erforderlich. Dieses Erfordernis gilt generell für alle Medizinprodukte eines ausländischen Herstellers. Dieser Pflicht unterstehen alle Hersteller, die ihren Sitz nicht in der Schweiz haben. Sie gilt unabhängig davon, ob der Hersteller seinen Sitz in der EU oder in einem Drittstaat hat (USA, China, Japan etc.). Ein Schweizer Bevollmächtigter ist auch dann erforderlich, wenn ein Bevollmächtigter in der EU bereits vorhanden ist (EU-REP). Für die Umsetzung dieser Pflicht gelten nach Risikoklassen differenzierte Übergangsfristen bis längstens am 31. Juli 2023.

Kein Bevollmächtigter ist erforderlich, wenn Produkte direktimportiert werden: Im Gegensatz zur EU lässt es das Schweizer Recht zu, dass Fachpersonen In-Vitro-Diagnostika aus dem Ausland importieren, um diese selber anzuwenden. Die so importierten Produkte sind für die Eigenanwendung bestimmt und dürfen nicht verkauft werden.

Aufgaben und Pflichten des Bevollmächtigten

Der Bevollmächtigte ist der Vertreter des ausländischen Herstellers gegenüber den Schweizer Behörden und "für die formellen und sicherheitsrelevanten Belange" von ausländischen In-vitro Diagnostika zuständig, die in der Schweiz in Verkehr gebracht werden. Dieser Aufgabe entsprechend muss der Bevollmächtigte seinen Sitz in der Schweiz haben. Er kann auch als Einzelunternehmen oder als Einmann-AG organisiert sein. Erforderlich ist, dass dieses über eine ausreichende finanzielle Deckung für Schäden verfügt, die durch fehlerhafte In-vitro Diagnostika verursacht werden. Zu beachten ist, dass die Möglichkeit eines Versicherungsschutzes beschränkt ist (vgl. dazu unten).

Der Bevollmächtigte kann, muss aber nicht der Importeur oder Händler dieser Produkte sein. Er ist also nicht notwendigerweise in den Warenfluss eingebunden. Der Bevollmächtigte muss sich zudem bei der zuständigen Behörde Swissmedic registrieren und erhält dafür eine einmalige Identifikationsnummer (CHRN) zugewiesen. Die in der Schweiz in Verkehr gebrachten Produkte müssen mit dem Namen und der Anschrift des Schweizer Bevollmächtigten gekennzeichnet sein.

Um seine Aufgaben erfüllen zu können, muss der Bevollmächtigte über das erforderliche Fachwissen verfügen. Dies erfordert, dass er dauerhaft und ständig auf mindestens eine Person mit ausreichenden technischen Kenntnissen zurückgreifen kann oder eine Drittperson mit der Wahrnehmung dieser Aufgabe beauftragt. Diese Person muss ihren Wohnsitz nicht zwingend in der Schweiz haben. Swissmedic akzeptiert hierfür auch Personen, die beim ausländischen Hersteller angestellt sind. Zurückhaltender ist die Praxis der europäischen Konformitätsbewertungsstellen, welche in derartigen Situationen einen latenten Interessenkonflikt sieht.

Die Aufgaben und Pflichten des Bevollmächtigten sind in einem schriftlichen Vertrag zu regeln, auch als "Mandate Agreement" bezeichnet. Darin festzulegen ist insbesondere die Ausübung der Meldepflichten, die Pflicht zur Geheimhaltung sowie das Vorgehen bei allfälligen Beschwerden oder Produktemängeln.

Reduktion der Haftungsrisiken und Risikomanagement

Der Bevollmächtigte haftet mit dem Hersteller solidarisch. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass der Bevollmächtigte immer dann haften soll, wenn auch der Hersteller zur Verantwortung gezogen werden kann. Nach dem Gesetzeswortlaut scheint die Haftung jedenfalls nicht auf Produktefehler beschränkt zu sein, sondern umfasst auch Mängelfolgeschäden – beispielsweise wenn ein Patient infolge eines mangelhaften Medizinproduktes einen bleibenden Körperschaden erleidet. Die Haftung des Bevollmächtigten ist nicht auf eine von ihm zu verantwortende Sorgfaltsverletzung beschränkt.

Gleich wie der Hersteller haftet der Bevollmächtigte für alle Produkte, die in der Schweiz in Verkehr gebracht worden sind. Unerheblich ist, ob diese von ihm selber oder von einem autorisierten Importeur oder Händler in der Schweiz in Verkehr gebracht worden sind. Der Bevollmächtigte haftet auch für Produkte, die ohne seine Kenntnis in die Schweiz eingeführt wurden. Parallelimporte erhöhen deshalb das Haftungsrisiko des Bevollmächtigten. Je nach Ausgestaltung seines Vertrages mit dem Hersteller kann der Bevollmächtigte auf den Hersteller Rückgriff nehmen.

Die Möglichkeit, die Tätigkeit des Bevollmächtigten in der Schweiz zu versichern, ist beschränkt: Die in der Schweiz üblichen Betriebshaftversicherungen schliessen die Haftung für den Bevollmächtigten aus. Demgegenüber sehen europäische Betriebshaftpflichtversicherungen die Möglichkeit vor, die Tätigkeit des Bevollmächtigten zu versichern, aber nur für die Tätigkeit in der EU. Die Tätigkeit des Schweizer Bevollmächtigten kann deshalb nicht in die Betriebshaftpflichtversicherung des europäischen Herstellers eingeschlossen werden.

Angesichts der latenten Haftungsrisiken ist die vertragliche Regelung zwischen Hersteller und Bevollmächtigter von zentraler Bedeutung. Ja nach Ausgestaltung der Mandatsvereinbarung kann der Bevollmächtigte vom Hersteller die Schadloshaltung oder gar die Übernahme des Prozesses verlangen. Da die Haftung des Bevollmächtigten verschuldensunabhängig ist, muss er verschuldensunabhängig auf den Hersteller Rückgriff nehmen können. Bei der Ausgestaltung des Rückgriffrechtes ist darauf zu achten, dass dieser faktisch durchsetzbar ist.

Auch Rechtsschutzversicherungen können die rechtlichen Risiken des Bevollmächtigten reduzieren: Die hohen Kosten eines Rechtsstreits erschweren es, auf den Schadensverursacher Rückgriff zu nehmen. Gerade bei kleineren Streitsummen rechnet sich eine gerichtliche Auseinandersetzung häufig nicht. Allerdings ist auch bei Rechtsschutzversicherung eine sorgfältige Evaluation vorzunehmen und zu prüfen, ob der Regress auf den Schadensverursacher auch im Fall eines Bevollmächtigten versichert ist.

Was ist bei der Benennung eines Schweizer Bevollmächtigten zu beachten?

  1. Vertriebsweg prüfen: Erfordert der Vertriebsweg überhaupt einen Schweizer Bevollmächtigten? Wird der Schweizer Markt aus dem Ausland bedient, und wird das Produkt in der Schweiz nicht in Verkehr gebracht, lässt es das Schweizer Recht zu, dass auf einen Schweizer Bevollmächtigten verzichtet werden darf.
  2. Abschluss eines Mandate Agreements, in dem die Aufgaben und Pflichten des Bevollmächtigten vertraglich geregelt werden. Anlässlich periodischer Inspektionen wird das Vorhandenseins einer Mandatsvereinbarung von den Schweizer Aufsichtsbehörden geprüft.
  3. Vertragliche Regelung der Haftung und des Rückgriffrechts des Bevollmächtigten. Dabei sind auch die Möglichkeiten zu prüfen, die Tätigkeit des Schweizer Bevollmächtigten im Rahmen der Betriebshaftpflichtversicherung des ausländischen Herstellers einzuschliessen.

Für weitere Informationen über die Rolle des Schweizer Bevollmächtigten für In-vitro-Diagnostika und anderen Medizinprodukten und die damit verbundenen Haftungsfragen wenden Sie sich bitte an Ihren CMS-Kundenpartner oder an die lokalen CMS-Experten: