Das Internationale Erbrecht birgt Überraschungen und Unsicherheiten, die eine Unternehmensnachfolge beeinflussen und daher bedacht werden sollten.
Eine Unternehmensnachfolge - sei es eine interne oder externe Nachfolge - sollte niemals isoliert von den Gesellschaftern und deren privater Vermögensnachfolge betrachtet werden.
Mittlerweile ist es der Regelfall, dass innerhalb einer Unternehmerfamilie zumindest ein Auslandsbezug besteht. Dies kann der Fall sein durch eine ausländische Staatsangehörigkeit, einen ausländischen gewöhnlichen Aufenthalt/Wohnsitz oder wenn Auslandsvermögen vorhanden ist. In all diesen Fällen ist zu prüfen, welches Güterrecht, welches Erbrecht und welche Steuerrechte zur Anwendung kommen könnten und was dies im Einzelfall bedeutet.
Das Internationale Erbrecht: der gewöhnliche Aufenthaltsort ist entscheidend
Jeder Staat hat sein eigenes internationales Erbrecht. Dieses beantwortet die Frage, welches Recht man bei Berührung mit anderen Rechtskreisen aus eigener Sicht zur Anwendung bringt. Für die EU (außer Großbritannien, Irland und Dänemark) besteht seit August 2015 ein EU-weites internationales Erbrecht, das diese Frage beantwortet, die sog. Europäische Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO).
Bis Mitte 2015 hat man in Deutschland auf die Staatsangehörigkeit abgestellt. Die Staatsangehörigkeit entschied über das anwendbare materielle Erbrecht. War jemand Deutscher, fand deutsches Erbrecht Anwendung, egal wo er sich aufhielt.
Dies ist nun anders. Seit Mitte 2015 ist nicht mehr die Staatsangehörigkeit, sondern der gewöhnliche Aufenthalt relevant. Verlagert beispielsweise eine Deutsche ihren Lebensmittelpunkt auf die Balearen findet auf ihren Nachlass gegebenenfalls das mallorquinische, menorquinische oder ibizenkische Erbrecht Anwendung. Dies kann man durch Rechtswahl zugunsten seines Heimatstaates abbedingen, muss dies jedoch aktiv tun.
Die Folgen des anwendbaren Erbrechts
Das anwendbare Erbrecht entscheidet über Fragen der gesetzlichen Erbfolge, des Pflichtteilsrechts, der Testierfähigkeit, etc. Das anwendbare Erbrecht entscheidet dagegen nicht über die Frage des anwendbaren Güterrechts oder die Frage des anwendbaren Steuerrechts.
Insbesondere wenn das Erbrecht und das Güterrecht oder das Erbrecht und das Steuerrecht auseinanderfallen, entstehen oftmals Wertungswidersprüche und im steuerlichen Bereich Doppelbesteuerungen. Dies sollte sorgsam überprüft werden. Soweit möglich, sollte das anwendbare Erb- und Güterrecht harmonisiert werden und das Steuerrecht gestaltet werden.
Familieninterne Unternehmensnachfolge
Das internationale Erbrecht hat seine größte Auswirkung im Rahmen der familieninternen Unternehmensnachfolge. Gesellschaftsverträge sehen regelmäßig Güterstands- und Nachfolgeklauseln vor. Diese sind zeitgemäß, wenn sie nicht nur alternative Lebensweisen berücksichtigen, sondern insbesondere Regelungen bereithalten für die Fälle, dass bei einzelnen Gesellschaftern ein ausländisches Güter- oder ein ausländisches Erbrecht Anwendung findet.
Güterstands- und Nachfolgeklauseln bieten regelmäßig Anlass zu Auslegung und damit verbundenen Rechtsunsicherheiten, wenn diese lediglich auf nationales Güter- und Erbrecht zugeschnitten sind. Findet bei einzelnen Gesellschaftern jedoch ein anderes Güter- oder Erbrecht Anwendung, beginnen Unklarheit und Streit. Sieht ein Gesellschaftsvertrag keine derartigen Regelungen vor, sollte dieser zum Wohle aller Gesellschafter dringend angepasst werden.
Dieser Artikel wurde ursprünglich als Teil einer Blogserie zum Thema Unternehmensnachfolge veröffentlicht.
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