Preisüberprüfung von Arzneimitteln in der Schweiz | Überprüfung der Aufnahmebedingungen alle 3 Jahre: Die wichtigsten Änderungen im Überblick

Schweiz
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Jedes Jahr prüft das Bundesamt für Gesundheit (BAG) die Preise einer Gruppe von Arzneimitteln, die auf der Spezialitätenliste (SL) aufgeführt sind und durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung in der Schweiz vergütet werden. Die Modalitäten der Überprüfung sind jedoch umstritten und Gerichtsentscheide erfordern eine periodische Anpassung, so auch für die Preisüberprüfung im Jahr 2023. Für die dreijährige Überprüfung der von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung in der Schweiz vergüteten Arzneimittel sind zwar keine grundlegenden Änderungen zu erwarten. Dennoch gibt es eine Reihe wichtiger Änderungen in der Praxis des BAG. Erfahren Sie mehr über die Neuerungen für die Überprüfung der Arzneimittelpreise im Jahr 2023.

Am Ende des vergangenen Jahres informierte das BAG über die periodische Überprüfung der Aufnahmebedingungen im Jahr 2023. Betroffen von der diesjährigen Preisüberprüfung sind Arzneimittel, die vor dem 1. Januar 2022 in die SL aufgenommen wurden. Im Einzelnen handelt es sich um Gastroenterologika, Stoffwechsel, Antidota und Kationenaustauscher. Nebst Originalpräparaten werden auch die Preise von wirkstoffgleichen Generika, Co-Marketing-Arzneimittel und Biosimilar überprüft. Nicht überprüft werden Arzneimittel, für welche die Aufnahmebedingungen aufgrund einer Limitierungsänderung oder einer Indikationserweiterung im Jahr 2022 bereits überprüft wurden.

Um die Aufnahmebedingungen zu überprüfen, führt das BAG einen Vergleich mit dem Preis in ausgewählten Referenzländern (Auslandpreisvergleich, APV) und mit anderen Arzneimitteln durch, die im gleichen Anwendungsgebiet eingesetzt werden (therapeutischer Quervergleich, TQV). Für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wird das Ergebnis der durchschnittlichen Preise des APV und des TQV je hälftig gewichtet.

TQV

Beim TQV überprüft das BAG die Wirksamkeit im Verhältnis zu anderen Arzneimitteln, die zur Behandlung derselben Krankheit eingesetzt werden. Ob ein Arzneimittel als Therapiealternative in Betracht kommt, bestimmt das BAG nach der Indikation des zu überprüfenden Arzneimittels. Dabei berücksichtigt es die von Swissmedic geprüfte Fachinformation, allfällige Limitierungen der Vergütung gemäss der SL sowie nationale und internationale Behandlungsleitlinien. Erforderlich ist, dass das Vergleichspräparat im Zeitpunkt der Überprüfung in der SL aufgeführt ist. Der Vergleich ist nicht auf Präparate beschränkt, die derselben Wirkstoffklasse zugehörig sind. Nicht als Therapiealternativen in Betracht kommen Arzneimittel, die in unterschiedlichen Therapielinien eingesetzt werden. Bei der Auswahl der Vergleichsarzneimittel kommt dem BAG ein weites Ermessen zu. Aus der Gruppe möglicher Vergleichsarzneimittel kann es eine Auswahl treffen und überdurchschnittlich teure, gleich wirksame Präparate vom Vergleich ausschliessen. Massgebend für diese Beurteilung sind die Kosten pro Tag oder Kur.

Für den TQV können auch Vergleichspräparate berücksichtigt werden, für die eine Preissenkung verfügt wurde, die infolge einer dagegen erhobenen Beschwerde aber noch nicht rechtskräftig geworden ist. Den Abschluss der Überprüfung verbindet das BAG mit der Auflage, dass der Preis erneut zu überprüfen ist, falls der Preis des Vergleichspräparates aufgrund eines Gerichtsentscheides gesenkt werden musste. Die Neubeurteilung beschränkt sich auf den neuen Preis des von der Beschwerde betroffenen Vergleichspräparates.

Bei Arzneimitteln mit mehreren unterschiedlichen Indikationen beschränkt das BAG den TQV auf die Hauptindikation. Diese bestimmt es aufgrund von Prävalenzzahlen und der Therapielinie, in der das Arzneimittel eingesetzt wird. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann die Nichtberücksichtigung der Nebenindikationen mit der Pflicht zur umfassenden Prüfung der Wirtschaftlichkeit in Widerspruch stehen und im Einzelfall unzulässig sein, insbesondere bei unterschiedlichen Therapielinien.

Für die Überprüfung von Kombinationspräparaten will das BAG nebst wirkstoffgleichen Monopräparaten auch Kombinationspräparate berücksichtigen, die als Therapiealternative in Betracht kommen. Mit dieser Praxisänderung ist die Überprüfung von Kombinationspräparaten nicht mehr auf wirkstoffgleiche Monopräparate beschränkt, sondern erlaubt auch die Berücksichtigung von therapieäquivalenten Kombinationspräparaten. Neu hat das BAG in Aussicht gestellt, auch die Kosten von Generika und Biosimilars berücksichtigen. Die Berücksichtigung von Nachahmerpräparaten ist bundesrechtswidrig, da sie in Widerspruch zur unterschiedlichen Preisbildung von Originalpräparaten und Generika steht.

Grundsätzlich wird der TQV für patentabgelaufene Originalpräparate mit patentabgelaufenen Originalpräparaten durchgeführt. Ist kein Vergleich mit patentabgelaufenen Originalpräparaten möglich, kann das BAG ausnahmsweise mit patentgeschützten Originalpräparaten vergleichen, muss dafür aber einen Abschlag von 20 Prozent auf den FAP vornehmen. Bei diesem Wert handelt es sich um eine Annäherung, um die mittlere Preisveränderungen zum Patentablauf zu bestimmen. Die Annäherung entspricht der vom BAG ermittelten Differenz zwischen dem Preis vor und nach Patentablauf.

APV

Beim APV vergleicht das BAG den inländischen Preis mit dem in ausgewählten Referenzländern. Grundlage ist der Fabrikabgabepreis (FAP). Dieser beinhaltet alle Herstellungs- und Vertriebskosten bis an die Rampe des Herstellers oder des Importeurs in der Schweiz. Wird der FAP nicht publiziert, stellt das BAG auf den Apothekeneinstandspreis oder den Grosshandelspreis ab – unter Abzug der Grosshandelsmarge. Zu berücksichtigen sind allfällige – offizielle – Herstellerrabatte (u. a. Deutschland). Die effektiven Preise sind durch die Zulassungsinhaberin zu belegen.

Für den APV ist mit dem gleichen Arzneimittel zu vergleichen, unabhängig von seiner Bezeichnung, der Person der Zulassungsinhaberin oder dem Vergütungsstatus im Referenzland. Als gleiche Arzneimittel gelten Originalpräparate mit gleicher Wirkung und derselben Darreichungsform. Unterschiedliche Indikationen werden nicht berücksichtigt.

Die Beurteilung der Identität eines Arzneimittels für den APV unterscheidet sich von jener des Heilmittelgesetzes (HMG) oder dem Krankenversicherungsrecht, namentlich der Krankenversicherungsverordnung (KVV), welche von einem anderen Begriff des Originalpräparates ausgehen. Entsprechend dieser abweichenden Umschreibung ist der APV nicht auf identische Arzneimittel beschränkt und erfordert kein übereinstimmendes Anwendungsgebiet. Daraus leitet das BAG ab, der APV dürfe mit allen Präparaten durchführt werden, die den gleichen Wirkstoff und die gleiche Darreichungsform aufweisen. Davon ausgenommen sind lediglich Generika, die nicht als Originalpräparate qualifizieren, und parallelimportierte Arzneimittel. Von der Rechtsprechung bisher noch nicht schlüssig beantwortet ist die Frage, wie Arzneimittel mit bekannten Wirkstoffen zu behandeln sind, da diese weder als Originalpräparat noch als Generikum qualifizieren.

Für den APV unerheblich ist der Vertriebsweg im Referenzland. Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob der Vertrieb durch eine Tochtergesellschaft, eine Lizenznehmerin oder eine Rechtsnachfolgerin erfolgt (u. a. Verkauf der Vertriebsrechte). Ob die Schweizer Zulassungsinhaberin einen Einfluss auf den Fabrikabgabepreis im Referenzland hat, ist nicht massgebend. Ebenso unerheblich ist, ob das Arzneimittel im Referenzland vergütet wird oder überhaupt apothekenpflichtig ist. Deshalb kann der für den APV massgebende FAP häufig nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit eruiert werden. Unterliegt das Arzneimittel der freien Preisbildung, gibt es auch keine offiziellen, geschweige denn publizierte Einstands- oder Publikumspreise.

Neu will das BAG auch Medizinprodukte für den APV berücksichtigen. Wenn es auf die Zulassungsart nicht ankommen soll und ist für die Bestimmung der Vergleichsarzneimittel nur der Wirkstoff und die Darreichungsform zu prüfen, so lässt sich ein APV auch mit Produkten durchführen, die nicht als Arzneimittel zugelassen sind. Dies lässt auch die Berücksichtigung von Medizinprodukten, Kosmetika oder Nahrungsergänzungsmittel zu. Die Nichtbeachtung der Zulassungsart war jedoch kaum die Absicht des Verordnungsgebers. Dies wird durch die Schwierigkeiten der Preisbestimmung bestätigt. Denn anders als vergütungspflichtige Arzneimittel unterliegen diese Produkte keiner Preiskontrolle. Vielfach werden diese auch grenzüberschreitend oder online gehandelt, weshalb sich der Einstands- oder Publikumspreis kaum je verbindlich bestimmen lässt.

Diese Praxis muss jedoch nicht zum Nachteil der Zulassungsinhaberinnen sein. Häufig werden die keiner Preiskontrolle unterliegenden Medizinprodukte oder Nahrungsergänzungsmittel auch im Ausland nicht billiger gehandelt als die Arzneimittel der Spezialitätenliste in der Schweiz. Die Berücksichtigung von nicht als Arzneimittel zugelassenen Produkten kann für die Zulassungsinhaberin auch eine Chance darstellen, um einen ungünstigen APV aufzubessern.

Punktuelle Verbesserungen, Auswirkungen im Einzelfall zu prüfen

Zusammenfassend bleibt daher festzustellen, dass für die Überprüfung der Preise von vergütungspflichtigen Arzneimitteln keine grundlegenden Änderungen zu erwarten sind. Aufgrund verschiedener Praxisänderungen können sich im Einzelfall aber neue Fragen stellen, deren Auswirkungen konkret zu prüfen sind. Jedenfalls dürfen sich die Zulassungsinhaberinnen nicht darauf verlassen, dass früher bereits überprüfte Preise ohne weiteres weiter gelten werden. Das BAG ist an das Ergebnis früherer Überprüfungen nicht gebunden.

Für weitere Informationen darüber, wie sich die Überprüfung der schweizerischen Arzneimittelpreise auf Ihr Unternehmen auswirken könnte, wenden Sie sich bitte an Ihren CMS-Kundenpartner oder an die lokalen CMS-Experten: